Tag 124: Herbstgefühle und ein Papst

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Wind und Wolken: Es fühlt sich an, als wäre das Meer direkt nebenan. Es ist 10:00 Uhr morgens und ich befinde mich in einem kleinen Dorf namens Flaugnac.

Das Dorf gibt es seit fast 2000 Jahren, vermutlich wurde hier sogar Papst Johannes XXII im Jahr 1245 geboren. Nicht schlecht für so einen kleinen Ort. Die Häuser sind aus einem hellen Kalkstein gebaut, und über den Straßen sind Wäscheleinen mit bunten Fahnen gespannt. Ansonsten scheinen in dem Dorf mehr Holländer als Franzosen zu sein.

Cahors – 8km danach

Etwas Wehmut macht sich in mir breit. Der Duft von Herbst liegt in der Luft. Die ersten Bäume verlieren ihre Blätter, bei anderen wandelt sich die Farbe ins gelbliche oder orangene. Es muss die Trockenheit sein, die den Verfall beschleunigt.

Es ist irre, die Zeit wird plötzlich spürbare als je zuvor. Als ich vor dreieinhalb Monaten nach Frankreich reingefahren bin, sprießten gerade die ersten Knospen an den Bäumen. Jetzt ist eine ganze Jahreszeit vergangen, und diese jungen frischen Knospen fallen altersschwach zu Boden.

„So fiel das Paradies aus Lust in Trauer – Nichts goldenes bleibt, nichts ist von Dauer.“ – Robert Frost

Also gut – das war es erstmal mit Nostalgie.

Der Flan der Bäckereien ist erfreulicherweise nach wie vor spitze. Soeben habe ich den vermutlich leckersten Flan seit meiner Rückkehr nach Frankreich gegessen.

Ich stehe auf einer Brücke über dem Lot, ein Parallelfluss zur Dordogne. Ein warmer Wind weht um mich und die Wolken wirken wie ein grauer Sonnenschirm.

Die Landschaft wird von zerklüfteten Granitfelsen und Eichenwäldern mit dürren Blättern dominiert. Immer wieder gibt es kleine Dorfjuwelen, die direkt dem Mittelalter entsprungen zu sein scheinen.

Nach 90 km mache ich auf einer Hügelkuppe mit fantastischer Rundumsicht halt. Hier hat irgendjemand zwei Steinhütten gebaut und dort werde ich jetzt schlafen. Mein Abendessen (Baguette, rote Beete und Schafskäse) esse ich auf dem Dach der Hütte. Später lege ich mich wie ein Löwe auf einen großen, sonnenerhitzten Stein, schaue in die weite „Wald-Serengeti“ und lese bis die Sonne untergegangen ist.

À demain!

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