Tag 132: Wenn der Körper ein bisschen Ruhe braucht

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Irgendwie war mein Körper heute der Meinung, dass er nicht Rad fahren möchte. Nur in meinem Zelt zu faulenzen, ging aber auch nicht.

In der Sonne wird es dort viel zu heiß.

Also musste ich einen Kompromiss finden und der sah folgendermaßen aus: 15 km Rad fahren und dann 2 Stunden schlafen. Das habe ich zweimal wiederholt, und so stehen am Ende des Tages 30 km, 1100 Höhenmeter und 4 Stunden Schlaf zu buche. Keine schlechte Ausbeute gemessen an meiner Schlappheit. Mehr war wirklich nicht drin – beziehungsweise hätte ich mir und meinem Körper mit größerer Belastung keinen Gefallen getan.

Unterwegs bietet mir ein Mann Essen und Trinken an. Er steht mit einem schwarzen Transporter am Straßenrand, auf dem ein Fahrrad gezeichnet ist. Der Mann redet Englisch wie ein Engländer. Er klärt auf: „Ich unterstütze einen wohltätigen Verein aus England, dessen Mitglieder eine Radtour von Paris nach Genf machen. Wir haben viel zu viel Essen eingepackt und heute ist schon der vorletzte Tag. Greif also ruhig zu!“

Das Begleitauto ist vollgestopft mit Müsliriegeln, Nüssen und Wasserflaschen, sowie guten englischen Crisps. Die Taschen prall gefüllt, mache ich mich an die Weiterfahrt.

„Wenn du willst, kannst du mit uns zu Mittag essen. Wir machen in etwa 15 km eine Pause“, sagt der Mann. Ich bedanke mich für die nette Einladung, auch wenn ich glaube, dass ich sie nicht annehmen kann.

Ehrlich gesagt denke ich nämlich, dass ich für die nächsten 15 km einige Stunden brauchen werde. Bis dahin sind die Rennradfahrer schon über alle Berge. Und mir geht es nicht gut: wirklich Appetit habe ich keinen, und ich fühle mich einfach nur kraftlos. 15 km hört sich nach einer endlos langen Strecke an, zumal jeder einzelne davon bergauf ist. Ich werde meine nächste Pause noch innerhalb den nächsten 5 km machen.

Der lange Anstieg hier hoch war nichts für schwache Beine. Mit Ruhe und Gemütlichkeit habe ich ihn aber trotzdem gut gemeistert.

Meine Pausen mache ich immer dort, wo es sich anbietet. Meistens sind das schattige, grasbewachsene Stellen am Straßenrand. Es ist kaum Verkehr, aber wenn Leute vorbeifahren, dann schauen sie mich ziemlich belustigt an. Der hat die Nacht durchgezecht, denken die sich bestimmt. Mir soll es egal sein.

Das Schöne an so einer Radtour ist, dass Stück für Stück alle Hemmungen abfallen. Am Straßenrand ein Nickerchen zu machen, kein Problem! Keiner kennt mich hier. Ich habe keinen Ruf zu verlieren. Und außerdem: Wer soll sich schon aufregen? Worüber denn überhaupt? Dass jemand etwas Schlaf braucht? Es fällt leicht, einfach das zu tun, was der Körper gerade am meisten braucht. In meinem Fall ist das der Schlaf.

Die letzte Nacht vor der Schweiz zelte ich am Straßenrand, etwas versteckt hinter einem unbewohnten Haus. Wenige Meter von mir entfernt steht ein Wohnmobil, in dem eine französische Familie ihre Nacht verbringt. Bis morgen!

Der Blick vom Zelt.

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