Tag 29: Kanutour auf der Ardèche

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7:45

Die Nacht war gut. Keine Mücken, mild und wenig Verkehrslärm. Zum Frühstück gibt es „Fromage Blanc de Brebis“, was gleichbedeutend mit Joghurt aus Schafsmilch ist. Produkte aus Schafs- und Ziegenmilch scheinen in Frankreich weit häufiger zu sein als in Deutschland. Ich frage mich, warum es in Deutschland so wenige davon gibt. Ziegen- und Schafsmilch sollen schließlich gesund sein.

Laut einer Tafel in meinem Heimatsort Amelsbüren lebte dort von 1855 – 1957 der sogenannte Ziegenbaron. Sein hohes Alter schrieb der Ziegenzüchter seinem täglichen Konsum von Ziegenprodukten zu. Eine Geheimformel für ein hohes Alter? Vielleicht. Wahrscheinlicher ist allerdings, dass der “Ziegenbaron” einfach ziemlich oft seinen Ziegen hinterherlaufen musste, und ein bewegtes Leben ist ja bekanntlich gesundheitsfördernd.

Daran mangelt es mir gerade nicht: Wunderbar! Mein Frühstück ist das Übliche: Ich mische Haferflocken und getrocknetes Obst in den Joghurt – voilà, fertig. Die Ardèche kann kommen!

15:15

Ich bin seit einer halben Stunde von meiner Kanutour zurück. 28 Kilometer bin ich durch die Ardèche gepaddelt. Anfangs noch unter einer Wolkendecke, ab Kilometer 10 dann bei strahlendem Sonnenschein. Ich hätte gedacht, die Felsen würden größer erscheinen von unten, doch tatsächlich wirken sie vom Fahrrad aus schwindelerregender. Jetzt muss ich noch 1,5 Stunden auf den Bus warten, der mich und das Kanu zurück zum Zeltplatz bringt.

Die Strecke war sehr schön und relativ gleichmäßig mit Stromschnellen gespickt. Man wurde ordentlich nassgespritzt, doch wirklich wild war es nie. Stufen oder gar Wasserfälle gibt es keine: Eine touristentaugliche Strecke. Das ist auch gut so – irgendwie scheinen einige Leute zu denken, sie wären Weltmeister in allen Disziplinen, sobald sie in den Urlaub fahren. (Eric aus Bad Säckingen erzählte mir, dass die Todesursache Nummer 1 am Berg nicht der Absturz, sondern Herzversagen sei. In der Ardèche ist das bestimmt ähnlich!)

Einmal ist ein Kanu vor mir gegen einen Fels geprallt und gekentert, doch davon blieb ich verschont. Ich bin überrascht, wie viele Leute am Sammelplatz berichten, gekentert zu sein, oft sogar mehrmals. So wild war es eigentlich nicht. Solange man schneller als das Wasser ist, behält man die Steuerfähigkeit und kann die Felsen umgehen.

Heute Abend möchte ich noch 2 Stunden radeln, um ein bisschen Abstand von den Touristengebieten zu bekommen. Außerdem sind es dann ein paar weniger Kilometer bis Thierry, wo der Cousin von meinem Gastgeber in Annecy wohnt. So muss ich nicht 100 oder mehr Kilometer an einem Tag durch die Cevennen fahren, die ich nämlich genießen möchte.

Von verschiedenen Seiten habe ich gehört, dieser Nationalpark sei eine der naturbelassensten Gegenden Frankreichs. “Sauvage” sagen mir die Franzosen immer, wenn es um die Cevennen geht. Wild, schroff, ursprünglich – so soll es dort sein.

20:00

Das Zelt steht. Ich bin 25 Kilometer von Vallon Pont d’Arc entfernt. Die Nacht verbringe ich in einem Olivenhain. Wie kaum ein anderes Gewächs verkörpert für mich die Olive das Mittelmeer. Das Meer werde ich noch einige Tage nicht sehen, doch vielleicht träume ich ja davon… gute Nacht!

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