Vamonos! Das Abenteuer beginnt

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Sowohl ich als auch meine Ausrüstung sind in Südamerika gut angekommen. Diesen ersten Bericht nutze ich, um eine kleine Sammlung erster Eindrücke und historischer Hintergründe zu Argentinien zu geben. Fangen wir mit der Stadt an, in der ich mich zurzeit befinde: der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires.

Buenos Aires

Vor etwa 500 Jahren, im Jahr 1536, wurde Buenos Aires zum ersten Mal gegründet. Die ersten Jahre der Stadt waren turbulent und blutig, denn die Indianerstämme des Rio de la Plata überfielen die Stadt regelmäßig. So wurde die Siedlung nach einigen Jahren auch wieder aufgegeben, erst 1580 setzten die Spanier zur zweiten Stadtgründung an.

Eine Karte der südlichen Hälfte des südamerikanischen Kontinents aus dem Jahr 1592 - Buenos Aires ist hier noch nicht eingezeichnet.
Eine Karte der südlichen Hälfte des südamerikanischen Kontinents aus dem Jahr 1592 – Buenos Aires ist hier noch nicht eingezeichnet.

Der Name Buenos Aires leitet sich von der sardinischen Heiligen „Santa Maria del Buen Ayre“ ab und bezieht sich möglicherweise auf die vorherrschende, sanfte, frische Brise in der Stadt.

Eine andere Erklärung ist, dass der Rio de la Plata einer der ersten malariafreien Orte gewesen ist, an dem europäische Seeleute am südamerikanischen Kontinent anlegen konnten. Insofern bezieht sich Buenos Aires vielleicht auch auf frische, mücken- und malariafreie Luft.

Malaria bedeutet sinngemäß „schlechte Luft“, insofern ist es logisch eine malariafreie Gegend „gute Luft“ oder eben „Buenos Aires“ zu nennen. Die spanischen Seeleute haben also „bouna – aria“ statt „mal(a) – aria“ vorgefunden und den Ort möglicherweise auch deswegen Buenos Aires genannt.

Erste Eindrücke

In Buenos Aires ist es ruhig und grün. Ich wohne im Viertel namens Villa del Parque, hier sind die meisten Straßen von Bäumen gesäumt. Hauptsächlich sind es Platanen oder Palisanderholzbäume, die im argentinischen Frühling momentan ein wunderschönes violettes Blütenkleid tragen.

Überall in der Stadt verstreut, gibt es kleine Parks, in denen sich die Menschen abends treffen und einen Mate trinken. Mate schmeckt ein bisschen wie grüner Tee und wird traditionell aus einer getrockneten Kürbishälfte mit einem Strohhalm getrunken. Es ist das argentinische Nationalgetränk, nur Wasser wird noch häufiger getrunken. Seit 2015 gibt es sogar einen Feiertag zu Ehren des Getränks, immer am 30. November.

Mate wird aus den Blättern der Yerba Mate hergestellt, eine Pflanze, die schon unter den Guaraní (Ureinwohner der Rio de la Plata Gegend) als Mittel benutzt wurde, um ein stimulierendes Getränk zu gewinnen und bei langen Wanderungen die Ausdauer zu stärken.

Wie der Mate auf die Welt kam

Einer Legende der Guaraní zufolge, erzählte die Sonne dem Mond von der Pracht des Dschungels. Von den bunten Blüten und Urwaldriesen, von Tieren und Vögeln, die der Mond in der Nacht nicht sehen konnte. Neugierig kam der Mond schon bald als junge Frau zur Erde, um die Wunder des Dschungels mit eigenen Augen zu sehen. Der Mond wanderte durch den Dschungel, und bemerkte nicht, dass Gefahr lauerte. Plötzlich fiel ein hungriger Jaguar über den Mond her, doch ein mutiger Guaraní-Krieger konnte sie in letzter Sekunde vor dem sicheren Tod bewahren. Aus tiefer Dankbarkeit schenkte der Mond den Guaraní den Mate. So kam Mate auf die Welt.

Als die Spanier nach Argentinien kamen, wollten die Jesuiten-Missionare zunächst den Mate verbieten. Für sie war das Getränk eine Droge und eine schlechte Angewohnheit, doch schon bald erkannten die Jesuiten zweierlei: erstens war der Mate eine Alternative zum viel zerstörerischen Alkohol und zweitens ließ sich mit dem Verkauf von Mate ordentlich Geld verdienen.

So ist das Getränk Teil der Kultur Argentiniens geworden und wer heute durch die Parks von Buenos Aires spaziert, findet überall Gruppen von Menschen, die gemeinsam einen Mate Krug in ihrer Mitte haben, den sie im Kreis reichen und daraus trinken. Selbst vom Papst gibt es Bilder, wie er vor der Messe im Vatikan genüsslich seinen Mate trinkt. Man könnte sagen, Mate ist das verbindende Element in der argentinischen Gesellschaft.

Weitere Eindrücke

Eine zweite Sache, die mir aufgefallen ist, ist dass die Porteños (so heißen die Einwohner von Buenos Aires) hundeverrückt sind. Das Ausführen von Hunden ist hier ein richtiger Beruf. Wenn Hundebesitzer keine Zeit haben ihre eigenen Hunde auszuführen, bezahlen sie andere es für sie zu tun. Da das offensichtlich viele Personen und noch mehr Hunde betrifft, kommen einem in der Straße regelmäßig Menschen mit einem Rudel von bis zu zwölf Hunden an zwölf verschiedenen Leinen entgegen. Wie es möglich ist, dass sich da die Leinen nicht verheddern, weiß ich nicht. Aber es geht!

Obwohl ich zur Regenzeit in Buenos Aires bin, habe ich während der ersten fünf Tage strahlenden Sonnenschein erlebt. Ohnehin ist es eine interessante Erfahrung gewesen, aus dem europäischen Winter in den südamerikanischen Frühling teleportiert zu werden. Die Wärme und die Sonne geben mir viel Energie und ich merke sofort, wie das kräftige Licht meine Winterschlaf-Stimmung wegbrennt.

Die Stimmung in Buenos Aires

Wenn in Argentinien die Stimmung trotz des Wetters nicht so gut ist, liegt das mit hoher Wahrscheinlichkeit an der Wirtschaftslage (oder der lokale Fußballverein hat verloren). Bei 140 % Inflation und 40 % der Bevölkerung, die unter der Armutsgrenze leben, ist das Leben nicht immer einfach. Ich kenne allerdings bisher erst die einen kleinen Teil von Buenos Aires und dazu leben in der Innenstadt nicht unbedingt Durchschnittsargentinier, deshalb muss ich noch etwas abwarten mit einer Einschätzung zur Lebenssituation der Argentinier im Allgemeinen.

Mit Dollar bin ich hier jedenfalls König, doch es entstehen auch ganz unerwartete Probleme. Als ich einen fünfzig Dollar Schein in Pesos umtausche, verlasse ich die Wechselbude mit einem Stapel von hundert 500 Pesos Scheinen. Der Stapel ist so dick, dass er weder in mein Portemonnaie noch in meine Tasche passt. Glücklicherweise habe ich noch meinen Rucksack dabei, aber dass ich den zum Geldabheben benötige, hatte ich nicht erwartet.

Argentinien kommt mit dem Gelddrucken nicht mehr hinterher und lässt seine Scheine unter anderem auch in Deutschland und China drucken, von dort kommen sie in Containern zurück nach Argentinien. Argentinier, die keine Dollars haben, müssen kreativer werden. Sobald das Gehalt eintrifft, wird ein Großeinkauf gemacht. Und viele Argentinier horten auch haltbare Produkte wie Kaffee als Sachwerte gegen die Inflation.

Wie „anders“ ist Buenos Aires?

Als ich neulich einen Bekannten traf, machte er eine interessante Beobachtung. Die Entfernung zwischen Berlin und Moskau und die Entfernung zwischen Berlin und Barcelona sind fast identisch, etwa 1600 Kilometer. Dennoch fühlt es sich so an, als wäre Barcelona viel näher als Moskau.

Nach Marokko bin ich 3 Stunden geflogen. Nach Buenos Aires waren es 17 Stunden Reisezeit. Meknès in Marokko ist 2300 km Luftlinie entfernt, Buenos Aires 11.450. Trotzdem fühlt sich für mich diese Stadt viel näher und bekannter an, als es bei Meknès in Marokko der Fall war. Wahrgenommene und geographische Entfernungen stimmen nicht immer überein.

Warum fühlt sich Buenos Aires für mich so viel näher an als Meknès? Zum einen liegt es sicher an der Architektur. Im Zentrum stehen viele Gebäude, die genauso in Madrid, Paris oder Rom stehen könnten. Außerdem gibt es Radwege. Und auch wenn das Durchschnittsauto hier etwas älter ist als in Deutschland, sehe ich viele europäische Autos auf den Straßen.

Hinzu kommt, dass viele Geschäfte sogar deutsche Namen haben. Eine Bäckerei hier um die Ecke nennt sich zum Beispiel „Brothaus“ und der Fußpflegesalon nebenan heißt „Fußhaus“.

Mit Sicherheit ist es auch die Sprache, die dazu beiträgt, dass sich Buenos Aires nicht sehr fremd anfühlt. Das Spanisch hier folgt zwar einer anderen Aussprache als das aus Spanien bekannte Castellano und teilweise werden ganz andere Wörter benutzt. Anstelle von tu (du) sagt man hier zum Beispiel „vos“, und manche Verben werden auch anders konjugiert. Verstehen tue ich trotzdem das meiste.

Auch das Essen ist mir größtenteils aus Europa bekannt. Hier in Buenos Aires kann ich in einem Umkreis von 200 Metern alles von chinesisch über McDonald’s bis hin zu traditionellen Empanadas (gefüllte Teigtaschen), Asado (ein argentinischer Grill) und Bäckereien finden. Alles bekannte Speisen. Gehirn wie in Marokko habe ich aber noch nicht auf dem Speiseplan gesehen…

Jedenfalls: Ich verhungere hier nicht!

Sogar die Vegetation kommt mir oft bekannt vor. Hier wachsen genauso wie zu Hause Platanen, Pappeln und Weiden. Viele Blumen, die hier blühen, habe ich auch schon in Portugal fotografiert.

Natürlich kommt mir vieles bekannt vor, weil Argentinien, wie auch die USA, ein Einwanderungsland ist. Auch ist Buenos Aires nicht mit Argentinien gleichzusetzen, denn wie jede globale Metropole ist auch Buenos Aires ein Schmelztiegel, der den Gesetzen globaler Städte folgt und weniger die traditionelle Landeskultur reflektiert. Ich bin gespannt auf die nächsten Tage und Wochen, wenn mich meine Reise von der Metropole aufs Land führt. Los geht’s! Vamonos

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