Tag 117: Zurück in Frankreich und mehr Hitze

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Es ist 7:23 Uhr und die Sonne ist schon seit gut einer Stunde über dem Meer aufgegangen. Die Nacht war angenehm, und eine warme Brise vom Landesinneren hielt Kälte und Mücken fern. Obwohl es noch früh ist, verspricht die Morgenglut einen schweißtreibend heißen Tag.

Nach San Sebastian sind es nur noch 10 km, und von dort ist es ein Katzensprung bis zur französischen Grenze. Das Zelt, welches ich als Unterlage benutzt habe, ist wieder eingepackt. Das Frühstück wird bereits verdaut. Die Kette ist frisch geölt. Dann mal los!

Über eine wunderschöne, wenig befahrene Küstenstraße erreiche ich San Sebastian. San Sebastian hat eine hübsche, etwas versteckte Altstadt. Dort esse ich ein herrliches Buttercroissant: Ich merke, dass ich näher an Frankreich komme.

Hinter San Sebastian geht es einen 500 m hohen Berg hinauf. Das hört sich erst mal nach gar nicht so viel an, doch ich starte auf Höhe des Meeresspiegels. 500 m bedeutet also wirklich 500 m Anstieg. Das ist fast die Hälfte des Grand Colombiers, den ich in Frankreich befahren hatte. Wie bei vielen anderen Dingen, hängt es davon ab, auf welchem Niveau man startet.

Ich fahre einige Kilometer auf der Höhe entlang, links das Meer, rechts den Blick in eine diesige Berglandschaft. Lustigerweise ist es im Tal kühler als auf dem Berg. Hier oben fühlt es sich nämlich an, als würde mir jemand einen Föhn ins Gesicht halten! Die Kälte ist nachts in die Täler gesunken, was ich schon in den allerersten Nächten meiner Tour im Sauerland beobachtete. Damals wachte ich noch mit Eiskristallen auf dem Zelt auf.

Die Temperatur klettert immer weiter nach oben und das Thermometer zeigt schon bald über 40° an. Die Nachrichten melden, dass es der heißeste Tag in der französischen Geschichte werden könnte. Ich nähere mich der französischen Grenze und die Straßen werden immer stärker befahren. Die Hitze und der Verkehr sind keine angenehme Kombination.

Sobald ich allerdings die Küste verlasse, wird es ruhig. Die Füße der Pyrenäen sind von schattenspendenden Wäldern bewachsen. Es wird merklich kühler, und die Straßen sind ein Traum.

Es lohnt sich fast gar nicht eine Pause zu machen. Ich stelle fest, dass ich fast genauso viel schwitze, wenn ich tatenlos auf einer Wiese rumliege, wie wenn ich Fahrrad fahre. Mit dem Fahrtwind ist es sogar angenehmer auf dem Fahrrad. Mir spielt in die Karten, dass die Sonne nicht so intensiv ist, und ich deshalb ohne weiteres auch zur Mittagszeit fahren kann.

Es ist auch keineswegs so, dass alle Franzosen einfach nur drinnen sitzen. Auf Fußballplätzen in der prallen Sonne wird eifrig gekickt. Hier scheint es kein hitzefrei zu geben!

Am späten Nachmittag halte ich dann doch für 2 Stunden die Füße still. Ich esse Baguette mit Eichenhonig, den ich noch in San Sebastian gekauft hatte (denn wer weiß, wann ich das nächste Mal diesen leckeren Honig schlecken kann!)

Gegen 20:00 Uhr entschließe ich mich, nach einem Abendessen zu suchen. Da die Geschäfte geschlossen sind, und meine Taschen leergefuttert sind, bleibt mir nichts anderes übrig, als in ein Restaurant zu gehen. Ich finde eine nette kleine Pizzeria, und verspeise dort für 9€ eine leckere und sättigende Pizza.

Ab und zu darf man sich auch was gönnen und wenn man es nicht allzu oft macht, schmeckt es umso besser. Verzichten und genießen – das können zwei Seiten derselben Medaille sein. Wobei ich nicht das Gefühl hätte, dass meine Radtour bisher besonders entbehrungsreich war.

So habe ich heute unter anderem leckeres Baguette vom Becker, Eichenhonig, ein Stück Flan (mein absolutes französisches Lieblingsgebäck), und besagte Pizza vertilgt. Dazu noch Nüsse und Obst. Kein schlechtes Leben, würde ich meinen!

Im Dorf, wo ich zu Abend esse, gibt es sogar eine Kirche, bei der ich übernachten kann. Das ist perfekt bei der Hitze: unter den dicken Steinmauern des Kirchturms herrscht ein kühles Mikroklima.

Im Friedhof treffe ich noch eine Frau, die die Blumen gießt. Wir reden etwas auf Französisch, und die Frau lobt mich, dass ich gar keinen Akzent hätte. Darüber freue ich mich natürlich, auch wenn ich weiß, dass an meinem Französisch noch einiges zu machen ist. Aber das Lob motiviert mich. Vielleicht träume ich ja jetzt auf Französisch…

Gute Nacht!

Ist es nur die Hitze, oder ist das tatsächlich ein Stein mit Mund, Augen und Nase?

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