Tag 123: Insekten, Tomaten und Plantagen

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Tomaten. In meinen schönen roten Taschen befinden sich jetzt mindestens 15 schöne rote Tomaten. Eva und Jaques meinen es gut mit mir! Wir haben gemeinsam nett gefrühstückt, und jetzt geben mir die beiden fast alle ihrer Tomaten.

Das tun sie, obwohl der nächste Supermarkt etliche Kilometer entfernt liegt, und sie deshalb nur alle paar Tage ihre Vorräte aufstocken können. Diese Großzügigkeit hört nie auf mich zu beeindrucken.

Wir machen noch ein Erinnerungsfoto, das ich den beiden aber nicht ohne weiteres zukommen lassen kann. Sie haben weder Handy noch E-Mail. „So etwas machen wir nicht“, sagt Jacques. „Was man nicht braucht, muss man nicht haben.“

10:00

In dieser Gegend sind viele der kleinen Dörfer fast vollkommen ausgestorben. Die altersschwachen, verrosteten Schilder von Bäckereien und Metzgereien hängen noch in den Straßen. Die Betriebe gibt es aber schon lange nicht mehr. Die Fenster sind mit Brettern zugenagelt, und die Türen mit rostigen Ketten versperrt. Zwar hat jedes Dorf ein Rathaus, aber die meisten davon sehen verstaubt und verfallen aus.

Immer mal wieder gibt es aber auch ein Dorf, wo frische Blumen blühen und die Häuser gepflegt sind. Aber auf jedes dieser Dörfer kommen fünf gescheiterte.

15:00

Knapp 60 km sind geschafft und ich mache die zweite Pause des Tages. Auf den letzten Kilometern bin ich durch große Haselnuss Plantagen gefahren, und am Wegrand konnte ich immer wieder leckere Brombeeren naschen. Nach Moissac sind es nur noch wenige Kilometer – dann beginne ich den 200 km langen Abschnitt nach Aurillac in das Zentralmassiv.

Jetzt sitze ich auf einer Bank im Schatten mehrere Platanen. Leider gibt es hier überall kleine weiße Insekten, die zwar nicht beißen, aber ziemlich kribbeln, wenn sie über die Haut krabbeln. Ich töte sie zu Dutzenden, aber es kommen einfach immer mehr nach. Es ist ein Krieg ohne Front – ich weiß gar nicht, wo ich anfangen soll!

18:00

Die dritte Pause des Tages verbringe ich unter Kastanienbäumen, ganz ohne nervige Insekten. Nicht weit von mir entfernt spielen zwei Gruppen von älteren Herrschaften eine Runde Boule.

Die letzten 15 km folgte ich dem Tal der Garonne. Hier sind viele Obstplantagen, wo ich Pflaumen, Äpfel und Pfirsiche nach Belieben naschen konnte.

Jetzt habe ich das Gefühl, mein Bauch explodiert vor lauter Obst! Neben einer Bank steht ein Bücherschrank, in dem sogar einige deutsche Bücher stehen. Ich greife mir einfach mal zwei hinaus und lese einige Seiten.

Wenige Kilometer weiter baue ich mein Zelt auf einem Spielplatz auf. Bis Mitternacht bellen die Hunde im Dorf um die Wette, doch endlich legt sich Stille über alles.

Es war ein warmer Tag, und ich schwitze in meinem Zelt, wie in einer Sauna. Bald halte ich es nicht mehr aus und mache einen kleinen Spaziergang. Schwitzen oder Schnaken, heute habe ich keine guten Optionen. Fünf Mückenstiche später entscheide ich mich, doch lieber zu schwitzen. Gute Nacht!

Obstplantagen im Dordogne-Tal.

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