Tag 149: Eine Königsfamilie, eine Stadt und zwei Pobacken

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Nach neun Tagen in Usingen mache ich mich wieder auf den Weg. Zur Mittagszeit ist es so weit: das Fahrrad ist voll beladen und die Taschen mit allerlei Leckereien bestückt. Ich fahre zunächst auf bekannten Waldwegen und ignoriere mein GPS-Gerät.

Meine Strecke führt mich in Richtung Dillenburg, eine Stadt, die seit 2017 den Beinamen Oranienstadt trägt.

Vom Dillenburger Schloss aus organisierte Wilhelm von Nassau-Dillenburg 1567-72 den Widerstand der protestantischen Niederlande gegen das katholische Spanien. Breitere Bekanntheit erlangte er unter dem Namen Wilhelm von Oranien.

Später wurde das Haus Oranie-Nassau von “einfachen” Fürsten und Statthaltern zu Königen der Niederlande (1814/15) und ist bis heute auf dem Thron vertreten. Nicht ohne Grund trägt die niederländische Fußballnationalmannschaft orange, und hat den Beinamen Oranje.

Noch bin ich aber nicht in Dillenburg.

In Gedanken versunken, fahre ich auf dem Radweg dorthin. Neben mir verläuft eine Landstraße.

Plötzlich höre ich von hinten ein lautes Knattern. Ein Motorradfahrer fährt auf einer alten Harley vorbei. Er sitzt lässig auf seiner brummenden Maschine und trägt ein ärmelloses, dunkelblaues T-Shirt und eine kurze Hose.

Lustig wird die ganze Szene, weil die Hose vom Motorradfahrer ziemlich weit runtergerutscht ist. Nicht nur ein bisschen, sondern so weit, dass ich von hinten nur zwei Blasse Pobacken sehe. Mit jedem Knattern vom Motorrad klatschen sie gegeneinander wie Wackelpudding. Wenn der Motorradfahrer wüsste, wie er von hinten aussieht…

Manchmal sind es ganz banale Dinge, die das breiteste Grinsen aufs Gesicht zaubern. Man muss nur mit offenen Augen durch die Welt gehen.

18:00

Ich komme schnell voran, und habe schon über 70 km hinter mir. Es ist immer noch recht warm, doch im Schatten lässt es sich gut aushalten. Zwei Stunden fahre ich noch. Dann suche ich einen Ort, wo ich mein Zelt aufstellen kann.

Hinter Dillenburg fahre ich auf schönen Strecken durch die Wälder des Rothaargebirges. Jedenfalls die, die noch übrig sind. Große Flächen bestehen nur noch aus toten Nadelbaumskeletten oder sind schon gänzlich abgeholzt.

Zwei Motocross Fahrer schießen an mir vorbei und hinterlassen Staub und Benzingeruch in der Luft. Einer gibt absichtlich Gas, so dass die Steine in alle Richtungen spritzen und ich in eine dichte Staubwolke gehüllt werde. Meine Augen tränen so, dass ich kurz stehen bleibe. Nette Kerle…

Später treffe ich die beiden wieder und sie sagen mir freundlich „Hallo“.

Nach 80 km finde ich den idealen Schlafplatz. “Rentners ruh”, steht auf einem Holzschild. Mein Bruder Nils, der gerne neckt ich sei ein Rentner, freut sich bestimmt über meine Schlafplatzauswahl!

Bis Morgen! Gute Nacht!

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