Tag 43: Ein katalanisches Problem

  • 3 mins read
  • Published

Ach ja, mein Leben gerade ist schon ein Luxus. Ich habe bis 10 Uhr geschlafen und dann ganz entspannt gefrühstückt. Gina, der Hund, war dagegen etwas weniger entspannt. Sie schaute mich leidend an, während ich mein Frühstück aß und winselte: ich glaube sie hatte mal wieder Hunger! Anschließend bin ich durch den Ort zum Strand gelaufen, wo ich ins Meer gesprungen bin. Das war schön! Ich ließ mich von den Wellen immer wieder an den Strand spülen. „Bodysurfing“ würde ich das nennen.

Auf dem Rückweg laufe ich an alten Fischerhäusern vorbei, die heute erneuert und renoviert sind. Sie sind ein Überbleibsel der Küstendörfer von früher, wo der Hauptwirtschaftszweig der Fischfang war. Heute wird natürlich mit Industrie und Tourismus wesentlich mehr Geld verdient, doch einige Fischer gibt es auch noch heute.

Nachmittags gehe ich mit Petra und Max noch eine Runde mit Gina durch den Ort spazieren. Dabei erzählt mir Petra von einem sehr interessanten Phänomen in Katalonien. Hausbesetzungen.

Es gibt viele Häuser, die nicht dauerhaft bewohnt sind. Entweder weil die Bewohner lange im Urlaub sind oder die ursprünglichen Bewohner gestorben sind. Diese Häuser sind besonders gefährdet, besetzt zu werden.

„Dann kommt man eines Tages zurück, und der Schlüssel passt nicht mehr“, sagt Petra. „Es hat sich einfach jemand eingenistet in dein Haus.“

„Das kann man doch bestimmt juristisch angehen, oder?“, frage ich.

„Das wäre schön“, meint Petra, „doch Hausbesetzungen sind durch die katalanische Gesetzeslage schlecht geregelt. Seit Jahren redet man darüber, das Problem anzugehen, doch irgendwie hat sich noch nichts getan.“

„Aber was kann man denn dann machen?“, frage ich weiter. „Ich meine, das ist doch dein Eigentum. Du kannst doch nicht einfach enteignet werden, nur weil jemand das Haustürschloss ausgetauscht hat!“

„Ja, der Spanier ist kreativ geworden. Ein Freund von meinem Chef hat einen privaten Sicherheitsdienst. Die kommen dann vorbei und brechen in das Haus ein, und versuchen den Hausbesetzer richtig Angst zu machen und ihn zu verjagen. Manchmal klappts, manchmal nicht.”

„Aha. Ist logisch, Wirkung und Gegenwirkung.“

„Hier im Ort gibt es übrigens auch so ein Haus. Vor einigen Jahren ist dort ein Baum umgestürzt, der jahrelang nicht entfernt wurde. Ich habe mich ständig gefragt, warum lässt jemand ein Grundstück so verwahrlosen? Es leben eindeutig Leute dort, man sieht sie ja auch auf dem Balkon!“

Eines Tages spazierte Petra an dem Haus vorbei, als ihr etwas Merkwürdiges auffiel. „Was sind das denn für Pflanzen auf dem Dach?“, dachte sie sich damals.

„Ja, das waren Hanfpflanzen. Die hat der einfach auf dem Dach angebaut”, erzählt mir jetzt Petra. „Jordi kannte sogar den Mann, ein ortsansässiger Drogendealer. Seine Hanfplantage musste er mittlerweile zerstören, aber in dem Haus lebt der immer noch.“

Das ist echt verrückt. Was könnte die Moral der Geschichte sein: wer billig leben will soll nach Katalonien kommen und sich ein leerstehendes Haus suchen. Die Chancen stehen gut dort für viele Jahre ein bequemes, seelenruhiges Leben führen zu können! Nur Probleme mit seinem Gewissen sollte man nicht haben.

Aber solange es juristisch nicht eindeutig geregelt ist, brauchen einen solche Zweifel ja auch nicht quälen…

Author

Leave a Reply